Fundraising Kennzahlen. Gerne auch englisch „KPI“ – Key Performance Indicator genannt. Spätestens hier kann man sich überlegen, ob man überhaupt weiterlesen möchte. Ödes Thema, oder?
Ganz und gar nicht. Hier stecken Energie und eine Menge Spannung drin. Denn, kein seriöses und auf Langfristigkeit angelegtes Fundraising kommt ohne Kennzahlen klar. Ohne eine Kennzahlenorientierung sind entwickelte Instrumente ausschließlich Schrotschüsse in eine unbekannte Spenderwelt. Grund genug, sich diesen Bereich einmal genauer anzuschauen!
Fundraising Kennzahlen sind nicht gleich Kennzahlen
In diesem Blogbeitrag sollen die Kennzahlen vorgestellt werden, die nach der sehr persönlichen Einschätzung und der Erfahrung des Autors aus den letzten Jahren diejenigen waren, die in Kombination mit anderen Faktoren die entscheidenden Aussagen für die jeweils aktuellen Fragestellungen gebracht haben.
Wichtig und daher vorweg: Eine Kennzahl bedeutet erst mal gar nichts. So muss immer erst geprüft werden, ob die Datenlage fehlerfrei, eine Vergleichbarkeit gegeben ist und vor allem in welchem Kontext die Zahl betrachtet werden muss. Beispielsweise kann ein Einbruch der Spendeneingänge im 3. Quartal eines Jahres keine große Besonderheit darstellen, wenn man weiß, dass dies im Jahresablauf der Organisation bereits seit Jahren so ist.
Eine Fundraisingsoftware kann die Entwicklung von Kennzahlen gut unterstützen, ist aber gerade für kleinere Organisationen keine Voraussetzung. Selbst mit einem Taschenrechner oder einer Exceltabelle sind erste Schritte möglich und auch sinnvoll. Denn Kennzahlenentwicklung wächst mit der Erfahrung des Fundraisers, der Organisation und vor allem mit den entscheidenden Fragen, die nach einer durchgeführten Aktion fast automatisch entstehen.
Kleiner Exkurs: Entwicklung und Reporting
Interessant wird es beim Einsatz von Fundraisingsoftware als Nebenbuch in Verbindung mit der Finanzbuchhaltung. Zugesagte Bewilligungen von z.B. Stiftungsmitteln in Form von Bescheiden und der tatsächliche Geldfluss weichen häufig zeitlich von einander ab. Stiftungsmittel werden gerne in Raten ausgeschüttet. Welche Zahlen dann intern ermittelt und reportet werden sollen, obliegt der Definition der Organisation. Da selbst häufig organisationsintern unterschiedliche Meinungen bestehen, kommt man um festgelegte und per Qualitätsmanagement zu steuernde Definitionen nicht herum. Hier wird auch deutlich, warum organisationsübergreifende Benchmarks schwierig sind. Der Deutsche Fundraising Verband hat vor einigen Jahren eine gute Initiative gestartet, die auch in einer Benchmarkstudie mündeten.
Kennzahlen können zu unterschiedlichsten Zeiten und Zwecken erhoben werden. Bekannte Erhebungsziele sind z.B. Tages-, Quartals-, Perioden- oder Jahresabschlüsse. Aber auch aktionsbezogene Auswertungen (z.B. nach einem Mailing) sind notwendig, ebenso wie Aussagen über Kampagnen (z.B. nach einem mehrstufigen Instrumentarium). Bei Kampagnenkennzahlen treten häufig „überjährige“ Auswertungen über Jahresabschlüsse hinweg auf.
Hier aber jetzt die Beispiele, in keiner wertenden Reihenfolge.
Kennzahlen, die auf Spenderinnen und Spender bezogen sind:
- Durchschnittliche Höhe pro Spender in Zeitraum x (z.B. pro Jahr)
- Pareto-Analyse: Mit wie vielen Spendern (in %) mache ich den größten Umsatz? Wie alt ist diese Hauptspendergruppe?
- Spenderbindungsquote: Wie ist das Verhältnis Neuspender zu Bestandsspender?
- Spenderverlustquote: Wie viele Spender sind in Zeitraum x oder nach Maßnahme y abgesprungen?
- Anzahl der Neuspender in Zeitraum x: Quartalsverläufe, Jahresverläufe
Kennzahlen, die auf Maßnahmen bezogen sind:
- ROI – Return on Investment: Der „König“ unter den Fundraisingkennzahlen.
- Responsequote (z.B. bei einem Mailing)
- Anzahl der Spenderinnen und Spender
- Durchschnittliche Höhe der Spende: Wie verlief Mailing x im Vergleich zu Mailing y? Spenderzielgruppe erreicht?
Jahresauswertung: Hat sich das Spenderverhalten/die Spenderzielgruppe verändert? - Reaktivierungsquote durch Maßnahme x?
- Buchungstaganalyse: Verlauf der Buchungen nach Banktagen: Hier heraus lernt man, wie eigenen Spenderinnen und Spender „ticken“ und wie der für die Organisation typische Zahlungseingang verläuft.
Kennzahlen, die auf die Organisation bezogen sind:
- Anzahl der Buchungen in Zeitraum x: z.B. zur Belastungsmessung der Spendenbuchhaltung und zur Personaleinsatzplanung
- Gesamtspendensumme Höhe in Euro (pro Maßnahme, pro Projekt, insgesamt …)
- Anteil der Zuwendungen durch Privatpersonen an Gesamt: Aussage über die Verteilung Firmenspenden/Privatspenden ist ein besonderer Schlüssel erkennbar? Verändert sich dieser beim Einsatz unterschiedlicher Instrumente? Hat dies Auswirkungen auf die zukünftige Ansprache?
- Anzahl der Spendeneingänge
- durchschnittliche Spendenhäufigkeit pro Spender: Quote der Wiederholungsspender (pro Maßnahme etc.)
- Anteil der Onlinespenden am Gesamteingang in Euro (in Zeitraum x)
- Anteil der Onlinespenden an Buchungen
- Verteilung der unterschiedlichen Zahlungsarten bei Onlinespenden
- Verteilungsquote zwischen freier Spende und Projektspende: In welchen Zeiträumen gelingt was am Besten?
- Verteilung Spenden, investive Mittel, Betriebskostenzuschüsse, Sammlungen, Kollekten etc.
Bonuslevel:
- Höhe der Vermächtnisse
- Anteil der Erbschaften und Vermächtnisse am Gesamtumsatz oder am Spendenumsatz
- Anteil von Geldauflagen am Gesamtumsatz
- Durchschnittlicher zeitlicher Spendenabstand pro Spender
- RFM-Analyse
Fazit
Keinen Schreck bekommen. Welche Kennzahlen für eure Organisation und für eure speziellen Auswertungen von Bedeutung sind, könnt nur ihr selber entscheiden. Niemand benötigt alle diese Kennzahlen auf einmal. Wichtig ist nur, überhaupt mit der Erhebung anzufangen. Nur so lassen sich Aussagen über das eigene Fundraising ermitteln. Sonst bleibt Fundraising klassisches Spendensammeln und ein Stochern im Nebel. Steigende Kosten und höhere Streueffekte sind das Ergebnis, das niemand möchte.
Und? Welche Kennzahlen nutzt ihr im Alltag? Welche fehlen aus eurer Sicht? Immer her damit. Dies soll nur ein erster Aufschlag sein.
Crosspost Info: Dieser Artikel erschien im Original am 16. Februar 2013 bei sozialmarketing.de